New York
Die ersten drei Gründe, New York zu lieben, sind: das Wetter, die Freundlichkeit der Menschen und der Central Park. Das Wetter: Sonnenschein bei 36°C – das hat in Berlin in den letzten Wochen gefehlt. Die Freundlichkeit der Menschen: man bekommt gleich Hilfe angeboten beim Erwerb der Subway-Tickets; Zollbeamte, die uns fragen, wie sie uns auf Deutsch begrüßen können; für jeden unverschuldeten Rempler entschuldigt man sich; freundliche Menschen, wohin man schaut.
Den Central Park zu beschreiben, ist schwierig. Man muss ihn einfach erlebt haben, den Blumenduft mitten in der Großstadt, die gepflegten Wege und Pflanzungen, die Hügel und Wasserflächen.
Aber noch einmal zurück zu den Zollbeamten: trotz allem, was in den Reiseführern geschrieben wird, muss man keine Angst vor ihnen haben. Am wichtigsten ist tatsächlich, dass man gefühlte fünfmal eine Adresse in den USA angibt. Ob es die Adresse wirklich gibt, ist wahrscheinlich egal, Hauptsache man gibt sie an. Wenn man sich vom amerikanischen Akzent nicht abschrecken lässt, hat man aber ansonsten als offensichtlicher Tourist keine allzu großen Probleme zu erwarten (das kenne ich von Russland-Besuchen anders!). Eine Stunde nach der Landung saßen wir schon im Airport-Train und sind an typisch amerikanischen Holzhäusern mit oberirdischer Stromversorgung entlanggefahren.
„Wie am Potsdamer Platz, nur in echt“, so hat Christoph den Columbus Circle an der Südwestecke des Central Parks treffend beschrieben. Wie in der neuen Mitte Berlins auch hier schöne neue Glaspaläste, in New York aber richtig mit Leben erfüllt. Also: Stau, gestresste Passanten und auch mal ein Obdachloser. Gleich um die Ecke steht ein neuer Glaspalast von Norman Foster, der auf einen denkmalgeschützten gründerzeitlichen Sockel aufgebaut wurde. Gegenüber des Fosterbaus erkunden wir unseren ersten New Yorker McDonald’s. Bedient von einem 16jährigen; Drive-trough-Bedienungs-Telefon mit Kabel, das durch den Verkaufsraum hängt; völlig problemlose Kreditkartenzahlungen von 2$-Beträgen. Verrückt, dieses New York.
Seit dem 11. September 2001 ist das Empire State Building wieder das höchste Gebäude New Yorks. Von der Aussichtsplattform im 86. Stock bietet sich ein atemberaubender Blick auf die Straßenschluchten Manhattans und große Teile des übrigen Großraums New York mit seinen 22 Mio. Einwohnern.
Aufwendig gestaltet sich der Weg zur 86. Etage, man sollte mindestens eine Stunde Wartezeit einplanen. Der Trick, sich die Tickets bereits vorher im Internet zu kaufen, führt nur zu einer marginalen Zeitersparnis, da viele andere auch diesen Trick ausprobieren.
Von oben konnten wir all das betrachten, an dem wir heute vorbeigelaufen sind: Chrysler Building; Roosevelt Island (von wo aus wir mit einer Seilbahn nach Manhattan geschwebt sind); Central Park; Broadway und 5th Avenue; Rockefeller Center. Letzteres ist vielleicht eine sinnvolle Alternative zum Empire State Building: vom „Top of the Rock“ kann man den tollen Ausblick auf Manhattan vielleicht mit weniger Wartezeit erreichen.
Ein anstrengender, ereignisreicher, wunderschöner 30-Stunden-Tag geht zu Ende. Letztes Highlight war der Times Square, insbesondere bei Dunkelheit ein unvergessliches Erlebnis. Man überbietet sich hier mit bunter Leuchtreklame und Animationen, die ganze Häuser erfassen. Mit dabei: die Polizei, deren Schriftzug „New York Police Dept“ ebenfalls bunt aufleuchtet.
Der Name „Bronx“ wird sofort verbunden mit Kriminalität, Müll, Armut. Aber die Bronx gehört genauso zu New York wie Manhattan, hier leben auch immerhin 1,4 Mio. New Yorker. Also mussten wir hier auch mal hin. Dabei wurden wir sehr überrascht: die Bronx ist größtenteils das Gegenteil von trist und kriminell. Man findet hier belebte Einkaufsstraßen, gepflegte Hinterhöfe und freistehende Holzhäuser mit oberirdischem Anschluss an das Stromnetz. Nicht nur, aber auch. Das hat uns überrascht, als wir gerade mit der auf einem Viadukt geführten Metrolinie 2 den nördlichsten New Yorker Bezirk (und den einzigen auf dem Festland!) durchquert haben und mehrmals für einen kleinen Rundgang ausgestiegen sind.
Heute Morgen konnten wir uns mit dem Bus und zu Fuß bereits von der Schönheit Harlems überzeugen. Die 125th Street, die bedeutendste Straße Harlems und Zentrum der afroamerikanischen Kultur, ist ein touristisch erschlossenes großes Schaufenster mit Filialen weltweit bekannter Ketten. Aber nur 200m nördlich davon kann man schöne Parks, Häuser und Straßen ohne Touristenbusse genießen. Hier fällt man aufgrund seiner Hautfarbe als Tourist auf, auch eine interessante Erfahrung. Empfehlenswert ist es übrigens, einen Harlem-Rundgang am Sonntagmorgen zu machen. Dann kann man – wie wir heute – die Schwarzen auf dem Weg zum Gottesdienst sehen, dem offensichtlichen Highlight der Woche, für das man den besten Anzug aus dem Schrank sucht. Ein wirklich interessanter Anblick, man kommt sich vor wie in einem Film.
Greenwich Village; Soho; Christopher Street; Little Italy; Chinatown. Hat man alles schon mal gehört. Liegt alles in Manhattan. Haben wir alles heute gesehen. Dennoch: das faszinierendste, was hier heute gesehen haben, ist der Meatpacking District. Wie der Name schon gesagt, waren hier bis vor nicht allzu langer Zeit vor allem Schlachthöfe und andere Industriebetriebe angesiedelt. In den letzten Jahren hat das Gebiet einen beeindruckenden Wandel erfahren. Der Geograph spricht von Gentrification, allerdings in einem viel krasseren Umfang wie wir das von europäischen Städten kennen. Neben der alten vollgesprayten Fabrikhalle findet man den nagelneuen Luxus-Loft, neben der verrückt umgestalteten Markthalle den durchgestylten Apple-Store und an den alten Hafenpiers neue Luxusjachten und sogar einen Golfabschlagplatz (wer es nicht glaubt: http://www.chelseapiers.com/). New York ist an sich schon faszinierend, aber dieses Gebiet westlich von Chelsea und nördlich von Greenwich Village überbietet alles.
„Bei Sonnenuntergang über die Brooklyn Bridge laufen.“ Das ist einer der wertvollen Tipps, die mir eine Freundin für den Besuch in New York gegeben hat. Ein großartiger Tipp! Die Aussicht reicht – abgesehen vom Brooklyn am anderen Ufer des East River – von Staten Island über die Freiheitsstatue und den Financial District bis zur Sekundärskyline von Midtown Manhattan. Ich denke, dass die Bilder für sich sprechen.
Sehr sehenswert am östlichen Ufer sind die Brooklyn Heigths, ein historischer Distrikt mit Reihenhäusern aus dem 19. Jahrhundert. Hier haben Schriftsteller wie Truman Capote und Arthur Miller gewohnt, heute wohnt hier u.a. ein netter älterer Herr, der uns von seiner Reise nach Wiesbaden und am Rhein entlang erzählt.
Wahrscheinlich haben sie einfach zu viel Öl. Zu viel zu billiges Öl. Immer noch. Anders kann man es sich nicht erklären: dass sie mit Autos fahren, auf deren Dach man einen Helikopterlandeplatz einrichten könnte; dass sie jedes Gebäude, jede U-Bahn und jeden Bus auf etwa 15°C klimatisieren, auch bei 36°C Außentemperatur; dass sie dir bei jedem Supermarktbesuch deinen Einkauf in mehrere Plastiktüten einpacken; dass sie Milliarden von Wegwerfflaschen in den Umlauf bringen und somit zu Klimawandel und anderen Umweltproblemen entscheidend beitragen. Aber sonst sind sie wirklich ein unglaublich nettes, höfliches und freundliches Volk, diese Amerikaner.
Long Island heißt deshalb „Long“ Island, weil diese Insel insgesamt etwa 200km lang ist. Der westliche Teil gehört noch zu New York, hier liegen die Stadtteile Queens und Brooklyn. Im Ostteil besitzen Mitglieder der New Yorker Upper Class prächtige Anwesen mit Strandblick. Dazwischen liegt die (post-)suburbane Zone von Einfamilienhäusern, Shopping Malls und Commercial Strips, die wir uns heute angeschaut haben.
Die Roosevelt Field Mall war bei ihrer Eröffnung 1956 das größte Einkaufszentrum der Welt, heute ist es immerhin noch das elftgrößte der USA. Noch beeindruckender als die (frisch renovierte) Mall sind die tausenden Parkplätze um die Mall herum. Innen werden wir von einem Mitarbeiter der Mall Security – der auf einem Segway PT (in Deutschland angeblich „Selbstbalanceroller“ genannt) auf uns zugefahren kommt – darauf hingewiesen, dass wir gegen Regel Nr. 6 der Hausordnung verstoßen haben („Phtographing, videotaping or filming require the prior written consent of mall management“). Die Innenaufnahmen der Mall sind also alle illegal. Und die Hausordnung habe ich als Andenken behalten.
Nach dem Mallbesuch sind wir mit dem Bus durch Levittown gefahren. Diese geplante suburbane Siedlung in Nassau County wurde von einer einzigen Firma (dem „Developer“ Levitt & Sons) zwischen 1947 und 1951 errichtet und wird heute von etwa 53.000 Menschen bewohnt. Alle wohnen in Einfamilienhäusern, die alle recht ähnlich aussehen und alle eine breite Straße vor der Tür haben, aber keinen wirklichen Fußweg. Suburbanisierung in Amerika ist wirklich noch viel schlimmer als in Deutschland…
New York setzt sich aus fünf Bezirken zusammen: Bronx, Brooklyn, Manhattan, Queens und Staten Island. Letzterer ist der kleinste (immerhin noch knapp 500.000 Einwohner) und – wie wir seit einer halben Stunde wissen – ein ebenfalls sehr schöner Bezirk. Man fühlt sich hier wie im Urlaub am Meer, nicht wie mitten in einer 22-Millionen-Einwohner-Agglomeration. Viele Bäume, Vogelgezwitscher, fast ausschließlich einstöckige Gebäude, Ruhe. Also ein bisschen anders als Manhattan.
Interessant war auch die Anreise (mit der Buslinie 53) von Brooklyn über die Varrazano-Narrows Bridge, die uns von Bildern vom Start des New York-Marathons bekannt vorkam. Der Ausblick von der Brücke auf Manhattan, Brooklyn, Staten Island und den Atlantik sucht seinesgleichen.
Die Verbindung von Staten Island nach Manhattan werden wir gleich auf dem Wasser zurücklegen: die Staten Island-Ferry bietet einen kostenlosen Blick vom Wasser auf die Freiheitsstatue und die Skyline von Downtown Manhattan, das nächste Highlight des Tages.
Richtig schade, dass wir New York morgen früh schon wieder verlassen. Wir haben in den letzten drei Tagen unglaublich viel gesehen, aber The Big Apple hätte auch für weitere drei (oder auch 300…) Tage genug zu bieten.
Den Financial District rund um die Wall Street hatten wir uns für heute aufgehoben. Die Skyline konnten wir ja bereits von der Fähre aus betrachten. Wirklich schockierend war die Ankunft: mehrere Hubschrauber, Feuerwahr- und Polizeiautos sowie Menschenmassen sammelten sich um einen Verkehrsunfall. Ein Autofahrer hat erst zwei Motorradfahrer umgefahren und mit seinem VW Passat anschließend einen Betonpoller umgefahren, bevor sich der Wagen in einem Bauzaun verfangen hat. Das Bild des toten Motorradfahrers werden wir hoffentlich schnell wieder vergessen, das Bild des im Bauzaun verfangenen Autos wird morgen früh in der New York Times erscheinen.
Traurig war auch der Anblick von Ground Zero, wo bis zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 die Twin Towers des World Trade Centers standen. Heute bietet sich dem Betrachter eine große abgesperrte Baulücke, in die man nur an wenigen Stellen Einblicke gewinnen kann. Die Bauarbeiten für den „Freedom Tower“ haben bereits begonnen, New York wird sich mit diesem neuen Wahrzeichen sicherlich wieder einmal neu erfinden und sich selbst um eine weitere Attraktion bereichern.
Viele der anderen Attraktionen konnten wir vorhin bei einer Busfahrt von Downtown Manhattan bis zu unserem Hostel in der Upper West Side noch ein (vorerst) letztes Mal zusammengefasst genießen. New York hat wahrlich genug davon.
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